Nicht selten sind Grundstücksgrenzen ein Streitpunkt zwischen Nachbarn. Bauten wie Gartenhäuschen, Terrassenüberdachung oder Garagen dürfen nämlich nicht nach Belieben überall auf dem Grundstück gebaut werden. Es gilt, gewisse Regeln und Vorschriften zu beachten, um Ärger zu vermeiden und ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen.
Wir präsentieren Ihnen die wichtigsten Fakten zu Grenzabständen, welche rechtlichen Möglichkeiten Sie bei Uneinigkeiten haben, und in welchen Situationen Sie näher an die Grenze bauen dürfen.
Bauten müssen verschiedene Abstände einhalten:
Grenz- und Gebäudeabstände: in den kantonalen und kommunalen Bauvorschriften geregelt.
Strassenabstände: teils in den kantonalen Baugesetzen, teils in den kantonalen Strassengesetzen geregelt.
Waldabstand: das eidgenössische Waldgesetz schreibt einen angemessenen Mindestabstand vor (WaG 17 II). Die genauen Vorschriften finden Sie in den kantonalen Bau- oder Forstgesetzen.
Gewässerabstand: in den kantonalen Bau- und/oder gewässerschutzrechtlichen Bestimmungen geregelt.
Missachtet Ihr Nachbar beim Bau eines Gebäudes einen der oben aufgeführten Mindestabstände, sollten Sie schnell reagieren. Es gilt: Je früher Sie Einsprache erheben, desto besser Ihre Chancen und desto geringer Ihr Aufwand:
Während der Auflagefrist können Sie die Verletzung des Grenzabstandes im Einspracheverfahren rügen. Wenden Sie sich dazu an Ihre Gemeinde.
Während der Bauphase können Sie die Verletzung bei den Baubehörden Ihrer Gemeinde anzeigen.
Nach Fertigstellung des Baus müssen Sie bereits eine nachbarrechtliche Klage erheben.
Wenn Sie keinen Einspruch gegen die Grenzabstandsverletzung erheben oder diese erst später festgestellt wird (z.B. weil sich herausstellt, dass die Grundstücke falsch vermessen wurden), kann das Gericht dem Bauenden eine Dienstbarkeit zuweisen, sofern er im guten Glauben baute und es die konkreten Umstände rechtfertigen.
Gesetzesartikel: ZGB 679, 685, 674, kantonale Planungs- und Baugesetze, Einführungsgesetz zum ZGB der Kantone.
Sie können sich auch mit Ihrem Nachbarn einigen und vor dem Bau oder nachträglich ein Näherbaurecht einräumen und dieses im Grundbuch eintragen lassen.
Bauten, die in Ihr Grundstück hineinragen, müssen Sie unter gewissen Umständen dulden. Es könnte Ihnen aber eine Entschädigung zustehen.
Reagieren Sie sofort wenn Sie bemerken, dass eine Baute des Nachbarn in ihr Grundstück hineinragt. Ähnlich wie bei Grenzverletzungen schwinden die Chancen eines Einspruchs je weiter fortgeschritten der Bau ist.
Unabhängig davon, ob sich die Baute im Auflageverfahren befindet, im Bau befindet oder bereits fertig gestellt ist, können Sie auch hier Einspruch erheben. Dazu teilen Sie dem bauenden Nachbarn schriftlich mit, dass Sie mit seiner Baute nicht einverstanden sind und wenden sich anschliessend an die Baubehörde ihrer Gemeinde.
Steht die Baute bereits, kann das Gericht unter gewissen Umständen dem Ersteller das Überbaurecht zuweisen. Dies ist der Fall wenn:
Sie nicht rechtzeitig Einspruch gegen den Überbau erhoben haben.
der Ersteller im guten Glauben war, dass er zum Bau befugt sei.
das Überbaurecht aufgrund der konkreten Umstände gerechtfertigt ist (die Interessen der beiden Grundeigentümer werden gegeneinander abgewogen).
Sollte das Gericht Ihrem Nachbarn nachträglich das Überbaurecht zusprechen, so steht Ihnen in der Regel eine Entschädigung zu. Sie können aber auch eine Einigung mit Ihrem Nachbarn anstreben ohne vorher Gerichte anzurufen. Dazu sollten Sie einen öffentlich beurkundeten Dienstbarkeitsvertrag abmachen und im Grundbuch eintragen lassen.
Gesetzesartikel: ZGB 674, 730, 731, 732
Möchten Sie näher an das Nachbargrundstück bauen als erlaubt, oder plant Ihr Nachbar näher als erlaubt an Ihr Grundstück heran zu bauen, so können Sie ein Näherbaurecht vereinbaren.
Ein Näherbaurecht wird durch einen öffentlich bekundeten Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen und im Grundbuch eingetragen. Es bleibt somit auch nach einem möglichen Verkauf des Grundstückes erhalten.
Ein Näherbaurecht ist häufig gegenseitig, kann aber auch einseitig gegen Zahlung einer Entschädigung geschlossen werden.
Idealerweise sollte ein Näherbaurecht vor Baubeginn vereinbart werden. Aber auch nach Baubeginn oder sogar nach Fertigstellung des Baus ermöglicht das es eine nachträgliche und aussergerichtliche Lösung.
Wird ohne Näherbaurecht zu nah an das Nachbargrundstück gebaut, so kommt es zu einer Abstandsverletzung.
Stellt man die Abstandsverletzung erst später fest, weil sich z.B. herausstellt, dass die Grundstücke falsch vermessen waren, wird Ihnen das Näherbaurecht vom Gericht gegen Entschädigung zugewiesen, da Sie beim Bauen gutgläubig waren.
Gesetzesartikel: ZGB 679, 730, 731, 732, 685, 674
Als Einfriedung gelten künstliche Bauten wie z.B. Mauern, Hecken und Zäune, die Ihr Grundstück nach aussen abschliessen. Als Eigentümer haben Sie das Recht, Ihr Grundstück so nach aussen abzuschliessen. Dabei werden die folgenden Einfriedungen unterschieden:
Eine "tote" Einfriedung (Mauer, Zaun, Palisade etc.) ist eine Baute im Sinne von ZGB 685 & 686
Ein Lebhag (Grünhecke) ist eine Pflanzung nach ZGB 686 & 687
Die Unterscheidung ist entscheidend für Abstandsvorschriften & für die Maximalhöhe.
die Bestimmungen befinden sich in den kantonalen- und kommunalen Bau- und Strassengesetzen sowie in den Kantonalen Einführungsgesetzen zum ZGB. Gesetzesartikel: ZGB 670, 697
Stehen Einfriedungen genau auf der Grenze, wird Eigentum beider Grundeigentümer vermutet.
Steht eine Einfriedung auf einem der beiden Grundstücke, so gelten in den meisten Kantonen für Grünhecken minimale Grenzabstände und für "tote" Hecken überhaupt keine Mindestabstände.
Bezahlen und unterhalten muss die Einfriedung der Eigentümer oder die Eigentümer, deren Grundstück eingefriedet ist.
Aus dem kantonalen Recht kann sich eine Pflicht zur Einfriedung ergeben.