Barrierefreiheit in der Immobilienverwaltung ist nicht nur eine soziale Verantwortung, sondern auch eine gesetzliche Verpflichtung. Während unser Überblicksartikel „Barrierefreies Wohnen in der Immobilienverwaltung: Überblick, Gesetze & Lösungsansätze“ die allgemeinen Grundlagen und Vorteile barrierefreier Immobilien behandelt hat, geht es in diesem Beitrag um die konkreten rechtlichen Anforderungen, die Immobilienverwaltungen in der Schweiz erfüllen müssen.
Was ist Barrierefreiheit bei Immobilien? Barrierefreiheit bei Immobilien bedeutet, dass Gebäude und Wohnungen so gestaltet sind, dass sie für Menschen mit körperlichen Einschränkungen ohne fremde Hilfe nutzbar sind. Dazu gehören unter anderem stufenlose Zugänge, breite Türen, rutschfeste Böden und barrierefreie sanitäre Anlagen. Auch visuelle und taktile Orientierungshilfen sowie barrierefreie Aufzüge sind zentrale Bestandteile, um eine uneingeschränkte Nutzung zu gewährleisten.
Ein genauer Blick auf das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) sowie auf SIA-Normen zeigt, welche baulichen Anpassungen verpflichtend sind und wie Verwaltungen ihre Haftung reduzieren können. Zudem stellen wir typische Stolperfallen vor, die zu Konflikten oder finanziellen Risiken führen können – und geben praxisnahe Lösungen, um diese zu vermeiden.
Welche Barrieren sind tatsächlich unzulässig? Wann ist ein Umbau erforderlich und wie dokumentiert man alles rechtssicher? Dieser Artikel gibt Ihnen klare Antworten auf diese Fragen, damit Sie Ihre Immobilienverwaltung auf eine sichere Basis stellen.
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) setzt sich dafür ein, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen und privaten Infrastrukturen haben. Für Immobilienverwalter:innen bedeutet das insbesondere, dass Gebäude und Einrichtungen barrierefrei zugänglich sein müssen, wenn sie für die Öffentlichkeit bestimmt sind.
Das Gesetz legt fest, dass bestehende bauliche Hindernisse beseitigt oder minimiert werden müssen, sofern dies verhältnismässig ist. Besonders betroffen sind:
Ein zentrales Ziel des Gesetzes ist es, bauliche und infrastrukturelle Barrieren zu reduzieren, etwa durch:
Das BehiG gilt schweizweit, doch kantonale Baugesetze können strengere Vorgaben enthalten. Beispielsweise verlangen einige Kantone detaillierte Regelungen zur Umsetzung von Liftpflichten oder rollstuhlgerechten Stellplätzen.
Praxistipp: Der vollständige Gesetzestext sowie weiterführende Informationen sind auf admin.ch verfügbar. Da die Vorschriften je nach Kanton abweichen können, lohnt sich ein Blick in die spezifischen Bauverordnungen der jeweiligen Region.
Doch neben dem BehiG gibt es weitere Normen, die für die Umsetzung von Barrierefreiheit relevant sind. Dabei sticht besonders die SIA 500 hervor.
Neben dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) sind in der Schweiz auch technische Richtlinien für barrierefreies Bauen von Bedeutung. Besonders relevant ist die SIA 500, die detaillierte Anforderungen an barrierefreie Gebäude und Infrastrukturen stellt.
Die Norm SIA 500 „Hindernisfreies Bauen“ enthält technische Vorgaben, um Gebäude und Aussenräume für alle Personen zugänglich und nutzbar zu machen. Sie richtet sich insbesondere an:
Die Norm gibt unter anderem die Mindestmasse für Türen, Rampen, Liftanlagen, Sanitärbereiche und taktile Leitsysteme vor. Immobilienverwaltungen sollten insbesondere darauf achten, dass Fluchtwege und Haupteingänge barrierefrei zugänglich sind.
Je nach Kanton oder Gemeinde können ergänzende Bauverordnungen gelten, die noch strengere Anforderungen an die Barrierefreiheit stellen. Besonders Städte mit einer älteren Bausubstanz setzen vermehrt auf spezielle Anpassungsregelungen für bestehende Gebäude.
Praxistipp: Immobilienverwalter:innen sollten frühzeitig Fachplaner:innen oder Architekt:innen mit Erfahrung im hindernisfreien Bauen hinzuziehen. Checklisten oder kantonale Beratungsstellen helfen dabei, die richtigen Normen für ein Gebäude zu bestimmen.
Doch selbst wenn die gesetzlichen Grundlagen klar sind, lauern in der Praxis einige Stolperfallen. Schauen wir uns typische Fallstricke an.
Mieter:innen mit eingeschränkter Mobilität können unter bestimmten Umständen bauliche Anpassungen verlangen. Laut Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) müssen Hindernisse beseitigt werden, wenn dies zumutbar und wirtschaftlich vertretbar ist. In der Praxis betrifft dies beispielsweise:
Ob eine Anpassung erfolgen muss, hängt unter anderem von der Nutzung des Gebäudes, den Kosten und der Zumutbarkeit für die Eigentümer:innenschaft ab. Eine fachliche Begutachtung ist daher ratsam.
Tipp für Verwaltungen:
Eine offene und lösungsorientierte Kommunikation hilft, Streitigkeiten zu vermeiden und Mieter:innen frühzeitig über ihre Rechte und Pflichten zu informieren.
Eine unzureichende Barrierefreiheit kann für Verwaltungen und Eigentümer:innengemeinschaften rechtliche Konsequenzen haben. Besonders in öffentlich zugänglichen Bereichen wie Eingängen, Treppenhäusern oder Garagen kann eine fehlende Anpassung als Diskriminierung gewertet werden.
Typische Haftungsrisiken sind:
Versicherungen übernehmen Schäden oft nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass alle Vorschriften eingehalten wurden. Fehlende Dokumentationen oder Missachtung gesetzlicher Vorgaben können dazu führen, dass die Verwaltung oder Eigentümer:innengemeinschaft haftbar gemacht wird.
Tipp für Verwaltungen:
Gerade die Dokumentation ist ein entscheidender Schritt, um im Ernstfall nachzuweisen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden.
Eine sorgfältige Dokumentation ist für Immobilienverwalter:innen unerlässlich, um gesetzliche Anforderungen zur Barrierefreiheit nachzuweisen und im Streitfall rechtlich abgesichert zu sein. Fehlt der Nachweis über durchgeführte Prüfungen oder Massnahmen, kann dies zu Haftungsrisiken oder Problemen mit Versicherungen führen.
Damit die Einhaltung der Vorschriften jederzeit nachvollziehbar bleibt, sollten folgende Dokumente archiviert werden:
Tipp: Diese Dokumente sollten in einem zentralen, leicht zugänglichen System abgelegt werden, um sie jederzeit abrufen zu können.
Digitale Immobilien Software wie Fairwalter bietet wertvolle Unterstützung, um Dokumente effizient zu speichern und den Überblick über Prüfungen und Fristen zu behalten. Moderne Dokumentenmanagement-Systeme (DMS) ermöglichen es, Unterlagen zu digitalisieren, zu kategorisieren und automatisch zu archivieren.
Wichtige Funktionen digitaler Lösungen:
Damit die Prozesse reibungslos funktionieren, sollten Verwaltungen folgende Massnahmen etablieren:
Praxistipp: Eine lückenlose Dokumentation schützt nicht nur vor rechtlichen Risiken, sondern verbessert auch die interne Organisation. Wer alle Prozesse sauber festhält, kann schneller auf Anfragen reagieren und effizienter arbeiten.
Die Barrierefreiheit in der Immobilienverwaltung ist nicht nur eine gesetzliche Anforderung, sondern auch eine zukunftsweisende Massnahme, um sich als verantwortungsbewusstes Unternehmen zu positionieren. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) sowie die SIA-Normen geben klare Vorgaben, die Immobilienverwaltungen und Vermieter:innen beachten müssen. Fehlende Anpassungen oder lückenhafte Dokumentation können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Wer frühzeitig auf rechtssichere Umsetzungen setzt, profitiert gleich mehrfach:
Praxistipp: Barrierefreiheit sollte als Investition betrachtet werden – sie verbessert nicht nur die Rechtssicherheit, sondern steigert auch die Langfristigkeit der Mietverhältnisse und erhöht den Wert einer Immobilie.
Weitere Informationen finden Sie in unseren Beiträgen:
➡ “Barrierefreiheit kostengünstig umsetzen: Förderungen, Umbauplan und langfristige Rendite”
➡ “So vermarkten Sie barrierefreie Wohnungen erfolgreich: Tipps für Immobilienverwaltungen”
Wer sich intensiv mit diesen Themen auseinandersetzt, stellt sicher, dass Immobilien den heutigen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden – rechtssicher, wirtschaftlich und zukunftsfähig.